Contact-Tracing: Registrierungspflicht in der Gastronomie

In den Medien wird kolportiert, dass auf Grund der Verordnung des Magistrats der Stadt Wien betreffend Auskunftserteilung für Contact Tracing im Zusammenhang mit Verdachtsfällen von COVID -19 (https://www.gemeinderecht.wien.at/recht/gemeinderecht-wien/pdf/contacttracing-verdachtsfaelle-covid19.pdf) ab 28.09.2020 bei Verwaltungsstrafe für die Gastronomie und deren Kunden eine Registrierungspflicht bestünde und der Gastronom im Fall einer Verweigerung des Kunden zur Registrierung seiner Daten von seinem Hausrecht Gebrauch machen solle, also den unwilligen Kunden nicht bewirten. Solchen Mitteilungen ist – meiner Rechtsauffassung nach als seit 28 Jahren selbstständig tätiger Rechtsanwalt – rechtlich nicht zu folgen: 1. Die Verordnung schafft weder für den Gastronomen noch seinen Kunden eine Registrierungspflicht von Daten, sondern verpflichtet den Gastronomen im Anlassfall (lediglich), Auskunft über Kundendaten „zu übermitteln“. Wenn also der Gastronom über keine Kundendaten verfügt, kann darüber – rechtmäßig – auch keine Auskunft erteilt werden (faktische und rechtliche Unmöglichkeit). Mit anderen Worten gesagt: Es wird in der Verordnung nicht bestimmt, dass der Gastronom unter Androhung von Verwaltungsstrafen verpflichtet wäre, Kundendaten zu registrieren. Ein dennoch erlassener Strafbescheid wäre rechtswidrig und müsste bekämpft werden (Ich darf in Erinnerung rufen, wie viel „rechtlicher Unsinn“ beispielsweise in Bezug auf das allgemeine Betretungsverbot (Lockdown) von Medien, der Exekutive und Regierung verbreitet wurde – man dürfe keine Freunde besuchen, mit Freunden nicht spazieren gehen, den eigenen PKW nur eingeschränkt benützen, der Ostererlass war die „traurige Krönung“ usw. – der jeglicher Rechtsgrundlage entbehrt hatte. Das Landesverwaltungsgericht Wien hat unter anderem entschieden, dass der Mindestabstand von 1 Meter nur beim Betreten des öffentlichen Raumes einzuhalten war, nicht aber während des Aufenthaltes im selben. 2. Die Verordnung schafft gegebenenfalls ein erhebliches zivilrechtliches Problem: Bei Geschäftsräumen, die der Öffentlichkeit offen stehen, muss nach der Rechtsprechung des OGH ein triftiger Grund vorliegen, bestimmten Personen oder Gruppen den Zutritt zu verweigern (vergleiche z.B. OGH 4 Ob 81/16i; 4 Ob 23/93; 3 Ob 603/90; 4 Ob 147/13s uva.). Ob die – verfassungsrechtlich zumindest höchst bedenkliche – Verordnung einen solchen „triftigen Grund“ darstellen wird, bezweifle ich zurecht. Eine sachlich gerechtfertigte Differenzierung darf nämlich nicht zur Diskriminierung führen. Die Berufung auf ein Hausrecht halte ich für gesetz-und sittenwidrig. Der dem Kunden den Zutritt verweigernde Gastronom setzt sich somit der Gefahr zivilrechtlicher Unterlassungs- und Schadenersatzansprüche des Kunden aus, die von den ordentlichen Gerichten entschieden werden. Das, möglicherweise auch hohe Prozesskostenrisiko tragen – wie immer – die Parteien des Verfahrens (und nicht eine Behörde). 3. § 5 Abs. 3 Epidemiegesetz, auf welche sich die Verordnung für ihre Erlassung beruft, ist keine gesetzliche Ermächtigungsnorm, die den Landeshauptmann von Wien zu einer Verordnungserlassung berechtigen würde. Der Verordnung fehlt es daher an einer (determinierten und die Zuständigkeit regelnden) Rechtsgrundlage (Verstoß gegen das Legalitätsprinzip). 4. Es mangelt der Verordnung sohin auch an den gesetzlichen Voraussetzungen für eine Strafbarkeit bei Unterlassung (keine Strafe ohne Gesetz). 5. Die Regelungen der Verordnung sind unbestimmt, unklar, intransparent, insbesondere fehlt es an einem zeitlichen Rahmen (von welchen konkreten Zeitpunkten sollen Kundendaten registriert bzw. übermittelt werden?) und an Begriffsbestimmungen (was ist beispielsweise ein COVID-19 Verdachtsfall?). Wenn Juristen über verwaltungsstrafrechtlich relevante Begriffe zu diskutieren beginnen, ist eine Regelung grundsätzlich rechtlich ungenügend. (Verstoß gegen […]